Just for fun Punk Rock Song(s) Punk Rock Story
"Most important thing is having fun" - fast jeder Satz von Bobby Schayer, dem Drummer von Bad Religion, endet mit dieser Lebensmaxime. Sechzehn Jahre nach Gründung von Bad Religion erscheint nun ihr neuntes Album "The Gray Race", das die Band wieder zu ihren Anfängen zurückführt. Punk made in USA hat Hochkonjunktur, der Anteil von Bad Religion an dieser Entwicklung ist nicht hoch genug einzuschätzen. Seit 1992 sind sie mindestens einmal im Jahr auf einem deutschen Festival vertreten und auch in diesem Sommer werden sie wieder durch Deutschland touren. Was versteht eine Punk-Band, um die sich keine geheimnisvollen Sagen ranken, die nie öffentlich im Alkohol versumpfte, die keine Drogen-Exzesse zu verzeichnen hat und deren Potential an Gewalttätigkeiten Hoteleinrichtungen gegenüber gegen null tendiert, unter "having fun"?
Bassist Jay Bentley: "Es gab und gibt Zeiten, wo uns Leute nach einer Show fragten, wann denn die Band nun aus der Halle käme. Sie erwarteten, wohl wegen unseres Namens, den Songs, die wir schreiben und der Einstellung, die wir vertreten, eine Band militanter Veganer mit provokantem Äußeren. Dabei sind wir nur ein paar Musiker, denen eben nicht einfach alles um sie herum egal ist." Und Bobby ergänzt: "Bad Religion ist eine ehrliche Band. Für uns ist jeder Auftritt eine Party mit unseren Gästen. Das ist es, was wir wollen, eine Party feiern." Und das seit sechzehn Jahren. Bad Religion sind neben den Ramones, die einzigen "lebenden Punk-Dinosaurier" der Szene, in der sie sowohl Vorbild für zehntausende von Punks, als auch direkte Marktkonkurrenten sind. Die Liste der Newcomer, die ihren Erfolg dem Sound von Bad Religion verdanken, wird tagtäglich länger. Neben den Kommerz-Giganten Green Day und Offspring gesellt sich gerade der wild wuchernde Underground dazu, deren Spitze Bands wie CIV oder Shelter bilden. "Success just happens, you can't do anything against it", sagt Bobby entschuldigend, als ich ihn nach dem kommerziellen Erfolg frage. Schließlich ist ihr vorletztes Album "Stranger Than Fiction" ihr erfolgreichstes und man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass das jetzt erschienene Album "The Gray Race" ebenfalls ein Erfolgsschlager wird.
"Das ist nur ein Punk Rock Song für die, die sehen, dass es so nicht weitergeht. Wie Ameisen im Haufen sind wir programmiert, aber es gibt immer mehr von dieser verfickten Art, aber das ist nur ein Punk Rock Song." Der Refrain ihrer neuen Single "Punk Rock Song", der als Hommage an ihre zweitgrößte Fangemeinde auch als "German Language Version" sowohl auf Single als auch auf dem Album vertreten ist, zeigt, dass die Band auch thematisch beim Alten geblieben ist. Ihre Texte entsprechen der Sichtweise der Jugendlichen. Die Band ist trotz ihres Alters imstande, die Probleme der Jugend aus der Sichtweise der Jugendlichen zu sehen und Missstände anzuprangern. Das schafft seltsame Konstellationen. Je älter die Band auch wird, das Durchschnittsalter ihrer Fans bleibt immer gleich. Als sie als Teenager anfingen, spielten sie für Teenager, nun könnten sie als Väter ihrer Fans durchgehen. "Viele Leute, die heute unsere Konzerte besuchen oder unsere Platten kaufen, waren noch gar nicht geboren, als wir als Bad Religion anfingen", schmunzelt Bobby, den es überhaupt nicht stört, den Status einer "Teenie-Band" quasi nie abgelegt zu haben. "Die meisten Leute in unserem Alter haben die Probleme, die wir in unseren Texten anführen nicht mehr. Man darf das nicht durchweg negativ sehen, denn schließlich zeigt es auch, daß es viele der orientierungslosen Kids von damals geschafft haben, für sich etwas aufzubauen, mit dem sie klarkommen. Wir wollen aber keine Musik machen für Leute, deren einzige Sorge darin besteht, wie sie den Tag umbringen. Bad Religion ist eine Punk-Band und wird es immer sein. Jetzt haben wir die sechzehn geschafft, nun wollen wir auch noch die zwanzig schaffen. Aber nicht um jeden Preis."
Bad Religion gründete sich Ende der siebziger Jahre, beeinflusst von Bands wie den Sex Pistols und den Ramones. Sie erlebten die "erste" Blüte des Punk mit und sie mussten zusehen, wie Punk Mitte der Achtziger fast völlig in der Versenkung verschwand. "Als es die Sex Pistols nicht mehr gab und auch The Clash sich auflösten, verschwand das Fundament, daß nötig war, um kleinere Bands ins Rampenlicht zu bringen. Bands wie Black Flag oder Living Colour ebneten neue Wege. Und Anfang der Neunziger wurde der Geist neu entfacht, Rage Against The Machine brachten den Hardcore in bisher ungekannte Charthöhen. Während der ganzen Zeit haben wir nur 'unsere' Musik gemacht, vielleicht mal hier und da ein bisschen experimentiert, aber letztendlich den typischen Bad Religion-Sound beibehalten."
Doch schließlich ist Punk mehr als nur Musik, Punk ist immer auch ein Lebensgefühl, eine Art Spiegel der Gesellschaft. "Es stimmt, immer wenn Punk-Musik erfolgreich war, gab es erhebliche soziale Missstände. Ende der Siebziger schwappte die Unzufriedenheit der Jugend von England über, jetzt waren die wachsenden Mißstände in den Staaten der Auslöser." Stört es ihn nicht, Musik zu machen, die immer nur dann erfolgreich ist, wenn es vielen Leuten schlecht geht? "Wir wollen aufrütteln aber bei unseren Gigs sollen alle den Alltag vergessen." Jaja, ich weiß, "most important thing is having fun."
Ralph Buchbender