Bad Religion: Immer richtung Bauchgefühl!
Von Thomas Clausen. Seit einer gefühlten Ewigkeit fungieren die kalifornischen Punkrock-Pioniere nun schon unfreiwillig als Amerikas unterbezahltes, personifiziertes schlechtes Gewissen. Seit Anfang der 80er Jahre hat das US-Sextett mit unzähligen, mittlerweile zu Kultalben avancierten Meilensteinen wie ,,Suffer", ,,No Control" oder ,,Against The Grain" die Welt immer wieder mit Lauten Gitarren und einer Überdeutlichen Message am Kragen gepackt und durchgeschüttelt. Mit ihrem neuen Album ,,True North" sind Bad Religion demnächst an ein paar ausgewähtten Dates in Deutschlandzu sehen - event. sprach mit BR-Frontmann, Buchautoren, Evolutionsbiologen und Universitätsdozenten Greg Graffin über drei Jahrzehnte Widerstand und Gesellschaftskritik.
Greg, die wichtigste Frage zuerst: Ist Punkrock heute überhaupt noch von Bedeutung?
Natürlich ist er das! Es gibt auf diesem Globus immer noch Abermillionen von engagierten Kids, die nicht einfach das glauben, was man ihnen sagt und sich ihre eigene Meinung bilden wollen. Sie identifizieren sich mit der Idee und der Philosophie des Punkrock. Er ist viel mehr als nur eine Musikrichtung, sondern eine Lebenseinstellung. Die Reaktionen unserer Fans zeigen, dass selbst eine Band wie Bad Religion, die es schon so lange gibt, noch einen entscheidenden Einfluss auf das Publikum hat, Solange das noch so ist, ist Punkrock selbstverständlich noch von Bedeutung.
Apropos Meinungsbildung: Ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch ,,True North" zieht.
Der Titet ist eine Metapher für die Suche nach seinem eigenen Weg, seiner eigenen Wahrheit. Während meines Geologiestudiums mussten wir damals Landkarten zeichnen. Dabei lernt man, dass sich der magnetische Norden nicht mit dem geographischen Norden deckt, So wie im Leben: Manchmal ist das, was man mit den Augen sieht, nicht das, was es tatsächlich darstellt. Wir wollen die Leute ermutigen, ihrem Bauchgefühl zu folgen, sich ihre eigene Meinung zu bilden und ihren eigenen Weg zu gehen. Man sollte sich niemals täuschen lassen. Weder von Politikern, noch von Lehrern noch von irgendwem sonst.
Ihr stellt seit mehr als 32 Jahren immer noch kritische Fragen - was befeuert nach so langer Zeit noch diesen Kampfgeist?
Im Gegenteit, wir fangen erst richtig an! Je älter man wird, desto mehr beschäftigt man sich wirklich mit all der Ungerechtigkeit um einen herum. Wir werden niemals aufhören, nach der Wahrheit zu suchen und altes in Frage zu stetlen. Genau das ist es, weshalb man Bad Religion heute immer noch vertrauen kann: Wir haben niemals unsere Ideale verraten. Wir sind von Natur aus neugierig und kritisch eingesteltt. Vielleicht wird dies von unserer Unzufriedenheit mit den Umständen auf diesem Planeten begründet. Der Motor der menschlichen Entwicklung heißt Leid. Wem es materiell und emotional gut geht, der ist nicht gezwungen, etwas zu ändern und sich andere Wege zu suchen, Dinge zu entwickeln. Ich gLaube, unsere ganz eigene Suche nach Wissen und Wahrheit wird dadurch angetrieben, dass wir ständig Zeugen von so viel Leid auf der Welt werden.
>Termine: 5.6.-30.7. u.a. Hamburg, Dortmund, Berlin, Hannover